Samstag, 17. September 2016

Kat Mayor: "The Spirit Chaser"

Nachdem Barrett, das bisherige Medium der Paradoku-Show „Spirit Chaser Investigations“, in Folge eines bei den Dreharbeiten erfolgten dämonischen Zusammenstosses verletzungsbedingt ausfällt, empfiehlt Barrett seine Bekannte Casey Lawson als seine Nachfolgerin.
Während Barretts Hellsichtigkeit auch Zukunftsvisionen bei ihm auslöst, ist  Casey vor Allem in der Lage, Geister klar zu sehen und mit ihnen zu kommunizieren, auch wenn sie ebenso dazu befähigt ist, das Böse und Bedrohungen zu spüren.
Casey sieht ihre Begabung auch eher sehr bodenständig und mag kein grosses Bohei um die Geisterwelt machen, aber die Gage, die ihr pro Folge zuteilwerden wird, entbindet sie von all ihren finanziellen Sorgen und zudem will sie sich Barrett gegenüber absolut loyal verhalten: Dieser beharrt sogleich darauf, dass Austin Cole, der „Boss“ der Show, einen Gegenpart wie Casey dringend benötigt.

Denn Austin ist hauptsächlich auf möglichst spektakuläre Drehs aus und unterschätzt die Gefahren, die von der Geister- und Dämonenwelt ausgehen können, gewaltig; allzu häufig hat er schon dunkle Wesen gegen sich aufgebracht und ist aber absolut davon überzeugt, in jedem Fall stärker als das finsterste übernatürliche Wesen zu sein.

Schnell stossen Casey und Austin somit auch gegeneinander, denn Casey sieht nur wenig Sinn im dem ganzen investigativen Team auferlegten Fitnessprogramm und der von Austin geforderten strikt gesunden Ernährungsweise: Als ob man einen dämonischen Geist mit einem gehörigen Tritt in den Hintern bekämpfen könnte! Und ebenso lächerlich wie Casey diese extremen Fitnessbemühungen findet, findet es Austin schrecklich, wie direkt Casey in ihren Beurteilungen ist, der es völlig egal zu sein scheint, dass die Einschaltquoten im Keller sein werden, wenn sie sogleich zu Beginn ihres Rundgangs durch ein angeblich heimgesuchtes Haus feststellt, dass es dort weit und breit keine Geister gibt und das „megagruselige Spukhaus“ nur eine verfallende Bruchbude ist.
Casey und Austin sind vollkommen gegensätzliche Naturen, aber Gegensätze ziehen sich an, oder nicht?

Angezogen wird Austin auch schon seit Langem von diesem einen ganz bestimmten Anwesen, aber bei einer Erstbegutachtung meint Casey, dass das Anwesen nichtmals eine kurze Filmsequenz wert wäre. Austin drängt es aber weiter zu jenem Anwesen und mehr und mehr verliert er sich selbst bald in Erscheinungen, die ihn heimzusuchen beginnen und denen er sich nicht zu widersetzen mag … Was nur Casey weiss: Sie hat schon weit vor dem Erreichen besagten Anwesens gespürt, dass dort das abgrundtief Böse lauert und will darum alle möglichst weit vom Grundstück entfernt halten; es zu betreten wäre viel zu gefährlich.
Aber wird Austin dieses Spukhaus wirklich unbeachtet lassen können; kann er seinem eigenen Spuk ein Ende bereiten oder ist er in jenen schon viel zu fest verwurzelt?

Und was hatte es mit Barretts Zukunftsvision auf sich, die ihn vor seinem eigenen „Unfall“ warnte, dass einer verletzt und einer sterben würde?!

Kat Mayor: „The Spirit Chaser“°°°


Ich bin begeisterter Zuschauer solcher paranormalen Ermittlungsshows wie „Ghost Hunters” oder „Ghost Adventures“ und hatte an „The Spirit Chaser“ nun die Erwartung, dass es beim Lesen ein ähnliches Gefühl wie jene Shows vermitteln würde: Immerhin steht hier mit „Spirit Chaser Investigations“ eine solche Show im Mittelpunkt der Handlung.
Zunächst fokussiert sich der Roman auch absolut auf die TV-Show, die dort im Hintergrund ablaufenden Arbeiten, die Vorbereitungen zu den anstehenden Drehs … und das alles wirkt tatsächlich so, als habe man eine echte Show dokumentiert.

Für Zweifler, Skeptiker und gänzlich Ungläubige ist dabei weder die TV-Show noch der Roman geeignet: Hier ist es einfach ein Fakt, dass es Geisterwesen und auch Dämonenerscheinungen gibt.
Aufgrund ihrer Hellsichtigkeit wird Casey hier als entscheidende Stimme dargestellt, die beurteilt, ob ein Ort spukgeplagt oder nicht ist; erkennt sie hier keine Erscheinungen werden mögliche Erklärungen für zuvor geschilderte Spukphänomene angerissen (z.B. vermeintliche Schritte = arbeitendes Holz), aber gespukt wird dann doch eher nahezu überall.

Dass zwischen Casey und Austin auch eine sexuelle Spannung bestehen könnte, ist anfangs eher nicht ersichtlich. Man denkt sich vielleicht, dass eine weibliche und eine männliche Hauptfigur, die häufig miteinander streiten, doch bestimmt irgendwann übereinander herfallen müssen, aber die Streitigkeiten wirken dann doch eher wie Diskussionen zwischen Arbeitskollegen, die sich einfach nicht ganz einig sind, und lassen keine echte Paardynamik erkennen.
Aber wenn man dann grade davon überzeugt wurde, dass es hier gar kein Romance-Gewäsch geben würde, gibt es das natürlich doch – und passte für mich gar nicht in die Handlung hinein.
Für mich war das tatsächlich eine der am Meisten unnützen und überflüssigsten Liebesgeschichten, von denen ich je lesen durfte: Ganz zum Schluss hin zeigten sich zwar tatsächlich mehr Emotionen, aber gemeinhin wirkte der Romance-Teil auf mich komplett konstruiert, als sei es einfach nur darum gegangen, auch mal ein paar der Figuren miteinander in die Kiste springen zu lassen. Arbeitskollegen mit gewissen Vorzügen etwa.  

Ich empfand „The Spirit Chaser“ übrigens als erstaunlich ungruselig; es kommt zwar immer wieder die Dämonenthematik auf und ein Exorzist gehört auch zum Team, aber selbst Austins Besessenheit, die er ohnehin geheimzuhalten versucht und die ihn auf die Anderen nur als dem totalen Zusammenbruch nahe wirken lässt, fand ich eher ermüdend als erschreckend.
Obschon es hier im Buch schliesslich so richtig heftig böse wird, fand ich „The Spirit Chaser“ auch nicht gruseliger als beispielsweise die „Mary King’s Close“-Folge der „Ghost Hunters International“, die zudem auch eher bedrückend als gruselig war.
Austin Cole hatte man so einen Zak-Bagans-Touch angedichtet (zuweilen hatte ich da tatsächlich das Gefühl, eine völlig verzerrte Fan Fiction zu lesen, von der man erhoffte, sie möglichst nicht als Bagans-FF identifizieren zu können), aber: Austin blieb mir bis zuletzt reichlich unsympathisch.
Auch Casey empfand ich eher als die ruhige, freundlich wirkende Nachbarin, mit der man aber nicht mehr als einen „Grusskontakt“ unterhält, und insgesamt erschienen mir alle Figuren eher blass, obschon es sich bei ihnen eigentlich um schillernde TV-Persönlichkeiten handeln sollte. Zudem wirkten sie alle irgendwie „gleich“.

Für ein wenig Spannung sorgte Barretts immer wieder angesprochene Vision von „einem Verletzten und einem Toten“, die aber völlig diffus war: Er war kurz nach der ersten Vision ja bereits verletzt worden, gestorben war aber niemand. War der vorhergesagte Tod vermieden worden, weil man sich irgendwo anders, vorsichtiger, verhalten hatte? War die Vision gar nicht auf die Umstände von Barretts Verletzung bezogen, würde eventuell noch jemand verletzt werden, käme es noch zum Todesfall und wenn ja, wer würde sterben?
Unterschwellig habe ich immer mit dem plötzlichen Tod einer Figur gerechnet, wobei für mich auch völlig offen war, wen es treffen würde; in die Spukhäuser ging immerhin ständig das komplette Team und da gab es so eine „einer für alle, alle für einen“-Attitüde. Da war es für mich ebenso wahrscheinlich, dass es einfach jeden von ihnen würde treffen können wie dass die Todesvision längst gegessen war und niemand sterben würde bzw. das gewarnte Team letztlich vorsichtig genug agieren würde, um lebensbedrohliche Situationen eben zu vermeiden.

Der Schluss des Romans, der übrigens der Auftakt einer Reihe sein soll (aber problemlos eigenständig zu lesen ist und, ganz ehrlich, in mir ist nur wenig Interesse auf nachfolgende Bände geweckt worden), hat mich dann beim Showdown doch ein wenig überrascht (obwohl das Ende gar nicht so verwunderlich war); das war aber wohl eher mehr, weil es mich verblüfft hat, dass die Autorin diesen Strang bis zum bitteren Ende weiterverfolgt hat. Ich habe da durchaus mit etwas weniger Action gerechnet bzw. eher damit, dass der Dämon nach einem kurzen Gebet schon verpufft gewesen wäre.
„Actionreich“ ist wiederum aber ein Begriff, den ich hier eher zögernd anbringen möchte: Ja, da passiert sehr viel, aber wo andere Autoren mit Leidenschaft punkten könnten, versucht es Mayor eher mit Technik: Ich denke, aus „The Spirit Chaser“ könnte man mühelos ein Drehbuch gestalten; man müsste hier wohl nur wenig umschreiben. Der Roman besteht zum Grossteil einfach nur aus Dialogen und nüchternen, aber detaillierten Beschreibungen.
Verfilmt könnte ich mir „The Spirit Chaser“ ohnehin auch ganz gut vorstellen, nicht für die grosse Kinoleinwand, wahrscheinlich noch nichtmals für einen der grossen TV-Sender und auch nicht für die Prime Time, aber halt für einen Spartensender am Mittwochabend. Kann auch durchaus vor 22 Uhr ausgestrahlt werden, ist nicht so jugendgefährdend. Geschweige denn beängstigend.

Der Plot hätte eine absolut spannende Handlung mit gehörigen Schauermomenten zugelassen; dennoch hat es die Handlung letztlich nicht geschafft, aus anderen Horrorgeschichten hervorzustechen. Ich sehe dies eher als einen Roman an, der sich vornehmlich für Diejenigen eignet, die sich noch zögerlich einmal an Horror und Geistergeschichten herantasten möchten.
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Kat Mayor: „The Spirit Chaser“ – für echte Horrorfans wohl eher Pipifax und auch ich würde jede paranormale Dokushow noch dem Roman vorziehen!
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„The Spirit Chaser“ von Kat Mayor, erschienen im Juli 2016
Amazon: Kindle eBook (2,99€)* [derzeit auch via KindleUnlimited ausleihbar] / Taschenbuch (14,67€ [436 Seiten])*  

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