Montag, 29. Juni 2015

Nina G. Jones als N.G. Jones: "If"

N.G. Jones: „If“


Annalise „Bird“ Campbell schlägt sich mehr schlecht als recht durch L.A.: Nachdem ihr Gesicht seit früher Kindheit halbseitig von Narben gekennzeichnet ist, hatten ihre Eltern sie damals ursprünglich zum Tanzunterricht geschickt, um ihr zu mehr Selbstsicherheit zu verhelfen. Doch was sie als hilfreiches Hobby angedacht hatten, entpuppte sich als Birds grosse Leidenschaft und sich als Profitänzerin durchschlagen zu können wurde zu Birds Lebenstraum.
Doch wieder und wieder wurde angezweifelt, dass sie „mit dem Gesicht“ engagiert werden würde geschweige denn erfolgreich sein könnte und so entzogen ihre Eltern Bird auch ihre Unterstützung, als sie nach L.A. ging, um zu versuchen, sich entgegen aller Meinungen doch durchzusetzen. Denn sie wollte sich später nicht fragen müssen, was gewesen wäre, wenn … sie ihren Traum tatsächlich zu realisieren versucht hätte.

Eines Abends greift sie, als sie auf dem Nachhauseweg die Skid Row, eine ärmliche und hauptsächlich von Obdachlosen belagerte Strasse, durchquert, ein, als sie Zeugin wird, wie der gleichaltrige Ash überfallen wird. Es kommt zu einem gemeinsamen Kampf gegen die Angreifer, die nun auch Bird attackieren.
Nach diesem Vorfall kommen sich Bird und Ash näher, doch Ash möchte eigentlich am Liebsten für alle unsichtbar sein: Von innerer Unruhe und Depressionen getrieben irrt er durch die Strassen, seine Leidenschaft ist bzw. war das Malen, wobei er die Tatsache, Synästhesie zu haben (sprich: seine Sinne überlappen), immer als Vorteil sah. Doch aufgrund einer psychischen Erkrankung muss er Medikamente nehmen, die die Synästhesie mitunter verschleiern. Er hasst es. Und er hasst sich – und meint, Hass und Verachtung, aber bestimmt keine Liebe, verdient zu haben.

Zugleich ist Bird sich mehr als unsicher, ob je ein Mann dauerhaft mit ihr, und das bei diesem ihrem Gesicht, zusammen sein könnte. …


Nina G. Jones ist unter jenem Namen im englischsprachigen Roman für ihre erotischen Liebesromane bekannt. Da es sich bei „If“ nun aber um NA Romance, die nicht im Erotica-Bereich angesiedelt werden kann, handelt, wurde „If“ in diesem Frühjahr unter der Namensabwandlung „N.G. Jones“ veröffentlicht. Daraufhin weist die Autorin selbst auch im Vorwort nochmals hin: Wer einen Nina G. Jones-Roman liest, darf mitunter heisse Sexszenen erwarten. In Werken von N.G. Jones bleiben diese explizit beschriebenen Lesemomente jedoch aus.

Zurück zu „If“:

In „If“ treten Bird und Ash abwechselnd als Ich-Erzähler auf; dabei ist Bird von Anfang an deutlich offensiver und ausführlicher, während Ash sehr lange sehr mysteriös bleibt. Die Synästhesie wird sehr früh erwähnt, man erfährt auch, dass er Tabletten nehmen muss bzw. sollte, die die Synästhesie einzuschränken vermögen. Aber es bleibt sehr lange unklar, aufgrund welcher Erkrankung er medikamentös behandelt wird, ob es seine offensichtlichen Depressionen sind oder ob auch diese wiederum nur eine Nebenwirkung darstellen.
(Im Vorwort verrät die Autorin in dieser Hinsicht ebenfalls, dass der Roman eine Beziehungsproblematik behandelt, in der ein Partner ernsthaft psychisch erkrankt ist; als Leser ist man also schon vor dem ersten Kapitel vorbereitet. Aber um welche Erkrankung es sich tatsächlich handelt, erfährt man -zusammen mit Bird- erst in der zweiten Hälfte des Romans.)  

Vor Allem Ash fand ich hier aber eine sehr gut ausgearbeitete und absolut faszinierende Figur; sein innerer Bruch wurde von Anbeginn an sehr klar dargestellt. Doch auch die anderen Figuren fand ich sehr authentisch und Bird war eine unglaublich starke Protagonistin, die ich sehr dafür bewunderte, dass sie auch dann nicht aufgab, als sie doch ständig zurückgewiesen wurde, wenn sie sich um eine Rolle in einer grösseren Show bewarb.
Ich muss ehrlich sagen, dass mir im Bereich der NA Romances noch nie derart ernsthafte Charaktere begegnet sind.

Dabei habe ich zunächst auch ständig befürchtet, dass dies eher eine der Geschichten ist, in denen jemand tief traumatisiert ist und dann unvermittelt gesundet, kaum dass er auf seine grosse Liebe trifft. Das passiert aber gar nicht in „If“: Diese Geschichte dreht sich wirklich um den Umgang mit einer psychischen Erkrankung im Rahmen (k)einer Beziehung und wie man sich selbst als der gesunde Part, in einem solchen Verhältnis stehend, mit der Situation auseinandersetzt, arrangiert, wie auch immer. Es geht auch darum, sich nicht über Krankheiten, Verletzungen etc. zu definieren, sondern die eigene Persönlichkeit hervorzuheben.
Diese Tiefe und Ernsthaftigkeit hat mir hier wirklich gut gefallen, ebenso die Darstellung, dass sich beide Figuren vor jedweder „Beziehungsfähigkeit“ erst einmal selbst finden mussten.
„If“ war somit nicht unbedingt eine „Man rettet sich gegenseitig“-Geschichte. Hier schubste man sich eher gegenseitig ins kalte Wasser, im Bewusstsein, dass der andere sich auch selbst würde retten können.
Holterdipolter ging hier auch gar nichts, es fanden keine Wunderheilungen statt, stattdessen wurde sogar über einige Jahre hinweg versucht, sich ein gutes Leben aufzubauen. In dieser Hinsicht war die Geschichte also auch absolut glaubwürdig; etwas unwahrscheinlicher wirkte da schon, dass tatsächlich zwei Figuren wie Ash und Bird zufällig übereinander stolperten. Aber Sachen gibt's Zufälle, die kann sich niemand ausdenken, gibt’s ja auch zu Genüge im realen Leben, von daher gab es hier auch keinen Lesemoment, in dem ich dachte:“Gute Frau Jones, an dieser Stelle wäre doch etwas mehr understatement angebracht gewesen!“

Alles in Allem fand ich es aber eben insbesondere toll, dass hier keine Charaktere vorgestellt wurden, die ohneeinander gar nicht konnten, sondern dass hier lediglich verdeutlicht wurde, dass die Figuren miteinander besser konnten und füreinander gut sein würden.
Ich würde „If“ von daher persönlich auch nur bedingt dem NA-Romance zuordnen, für mich ist dies auch trotz der klar vorhandenen Paar-Geschichte eher ein Selbstfindungsdrama, die Reflektion eines Reifeprozesses.

Toll zu lesen, wenn man zwar einen Liebesroman lesen möchte, aber gleichzeitig Verlangen nach etwas „Substantiellerem“ hat!
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N.G. Jones: „If“ – gefiel mir ausnehmend gut!
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„If“ von N.G. Jones, erschienen am 14.03.2015
Amazon: Kindle eBook (3,68€)* / Taschenbuch (13,08€ [326 Seiten])“*

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