Dienstag, 23. Juni 2015

Chloe Bennet: "Boywatching"

Chloe Bennet: „Boywatching (It’s not just a hobby, it’s a science)“°°°


Chloe Bennet und ihre drei engsten Freundinnen sind Schülerinnen einer reinen Mädchenschule, die jährlich am Ende des Schuljahrs einen gemeinsamen Tanzabend mit der ausschliesslich von Jungen besuchten St Thomas-Schule veranstaltet, welcher beim letzten Mal eher blamabel für Chloes Clique endete, welche daraufhin sogar von der fiesesten und zugleich aber auch angesagtesten Mitschülerin Maggie („Queen Beeyatch“)  eine Facebook-Seite erstellt bekam, die die Mädchen als totale Verliererinnen brandmarkte.
Die Vier, allesamt verschossen in unterschiedliche St Thomas-Schüler, wollen sich davon aber nicht unterkriegen lassen und vor Allem ihren heimlich Angehimmelten zeigen, dass die vermeintlich coolen Mädels doch viel doofer sind als sie. Allerdings sind sie sich auch nicht sicher, ob ihre Auserwählten tatsächlich eine gute Wahl sind, sind die Jungs ihnen doch vornehmlich nur vom Sehen bekannt.
War „Boywatching“ bisher bereits ein gemeinsames Hobby, wird es nun zur Wissenschaft erklärt und eine „Fallakte“ bezüglich jeden Schwarms angelegt, in der in unterschiedlichsten Kategorien gepunktet werden muss.

Unterdessen bleibt das normale Leben natürlich auch nicht stehen …



Chloe Bennet meint in diesem Fall nicht die Skye darstellende Schauspielerin aus „Agents of S.H.I.E.L.D.“, sondern wie die Buchbeschreibung bereits durchklingen liess die als Ich-Erzählerin auftretende Protagonistin in „Boywatching“: Allerdings machte auch diese Chloe sehr schnell klar, dass „Bennet“ ebenfalls nicht ihr richtiger Nachname ist, sondern ihr in Anlehnung an Jane Austens Elizabeth Bennet („Pride & Prejudice“) gewähltes Pseudonym.

Ich empfand „Boywatching“ nun als sehr schönen Kinder- bzw. Jugendroman, den ich insbesondere 12-14jährigen Mädchen empfehlen würde: Chloe war mir eine sehr sympathische, süsse Hauptfigur und auch ihre Freundinnen waren allesamt charakterlich derart gezeichnet, dass sie zwar unterschiedlich waren, aber niemand komplett herausstach. Sie waren einfach authentisch und ihre Sorgen und Verhaltensweisen erinnerten mich zuweilen durchaus auch an meine (noch facebooklose) Jugend.

Chloe war (wohl von ihr eher ungewollt) sehr amüsant, weniger durch ihre nicht abzustreitende Tollpatschigkeit, sondern vielmehr unterhielten mich ihre gewitzten Gedankengänge: So versuchte sie beispielsweise, als vermeintliche zukünftige Bestseller-Autorin und preisgekrönte Literatin, täglich ein neues Wort zu lernen, wobei sie diese Ausdrücke auch immer in ihrer Erzählung unterzubringen versuchte, nicht ohne zu vergessen, so manches Mal den Ursprung und augenscheinliche Widersprüche in der Bedeutung zu überdenken.  (Geheimhin ist „Boywatching“ zwar sehr leicht verständlich, aber die hier häufig selten gewordenen, aber einst durchaus gebräuchlichen, Wörter haben auch zu meinem Wortschatz mitunter noch beitragen können. Da fand ich es wirklich schön, dass auch „vergessene“ Ausdrücke hier wieder in Erinnerung gerufen wurden.)

Ohnehin war Chloe in ihrer „Angestrengtheit“ nun sehr erfrischend, denn das junge Mädchen, das sie nunmal war, liess sich auch dann nicht leugnen, wenn sie zu mehr Ernst mahnte und dem „Boywatching“ sehr viel mehr Bedeutung zuzusprechen versuchte als es hatte.
So kam auch hier irgendwann der Zeitpunkt, an dem die zu Erforschenden zu präsent wurden als dass noch gründliche wissenschaftliche Arbeit möglich gewesen wäre. Denn statt der Fallakten waren plötzlich die Jungen, ganz live und in Farbe, gegenwärtig. Aus der Theorie wird also alsbald Praxis.

Sowieso war das „Boywatching“ letztlich nicht so präsent, wie der Titel es mich hatte vermuten lassen: vordergründig geht es doch um Pubertätswirren, das Entdecken des bzw. die Konfrontation mit dem anderen Geschlecht (für Chloe und ihre Freundinnen ganz besonders auch deswegen ungewohnt, da sie bislang selbst keine gleichaltrigen männlichen Kontakte unterhielten), die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit.
Am Romanende sind die Figuren natürlich längst noch nicht erwachsen, begleitet „Boywatching“ sie doch hauptsächlich im privaten Bereich während des Verlaufs eines Jahres, aber doch deutlich gereift.
Was mich doch aber ein wenig verwundert hat, war die Nonchalance, mit denen Maggies Aktionen im Allgemeinen begegnet wurde, welche doch schon deutliches Mobbing waren. Hier war es wiederum aber dennoch bemerkenswert, wie sehr die Mädchen versuchten, keine weitere Reaktion zu zeigen, um Maggie den „Spass“ zu nehmen.

Anfang 2016 erscheint ein Nachfolgeband, „Boywatching – Up Close“, der am Ende des Buchs kurz vorgestellt wird und der bereits bei amazon.com semipräsent ist, während er auf der deutschen Amazon-Seite bisher noch gar nicht erwähnt wird.
Dabei lässt sich „Boywatching“ durchaus aber auch für sich alleine stehend lesen, wenn zumindest ich auch jetzt neugierig bin, wie das Erwachsenwerden Chloes und ihrer Freundinnen weiterhin verläuft (und ob Maggies Verhalten doch endlich auch Konsequenzen nach sich ziehen wird).

In meinen Augen ist „Boywatching“ insgesamt wie anfangs bereits geschrieben ein richtig toller Roman für die weiblichen Jüngeren, insgesamt erinnerte mich die Figur der Chloe Bennet auch eine weibliche, weniger schräge und sozial mehr integrierte Entsprechung von Sue Townsend’s jungem „Adrian Mole“* oder noch viel eher direkt an dessen Schwarm Pandora.
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Chloe Bennet: „Boywatching“ – gefiel mir ausnehmend gut!
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„Boywatching“ von Chloe Bennet, erschienen am 04.06.2015
Amazon: Kindle eBook (5,99€)* / Taschenbuch (8,72€ [384 Seiten])*
Thalia Schweiz: ePub (CHF 6,30)* / Taschenbuch (CHF 14,40)*

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