Montag, 18. Januar 2016

Ali Harper: "Breaking Bedlam"

Achtung: „Breaking Bedlam“ ist der direkte Nachfolger von „Beautiful Bedlam“ und schliesst nahtlos an die Handlung jenes Romans an. 
„Beautiful Bedlam“ habe ich bereits hier vorgestellt; wer „Beautiful Bedlam“ noch nicht gelesen hat, aber mit dem Gedanken spielt, es eventuell noch zu tun, sei vor dem Lesen nachfolgender Rezi gewarnt – auch wenn ich mich bemühe, nicht zu spoilern und keinesfalls mehr zu verraten als es die offizielle Kurzbeschreibung zu „Breaking Bedlam“ bereits tut. ;) 

Ali Harper: "Breaking Bedlam"


Nachdem sich zum Ende von „Beautiful Bedlam“ alles zum Besseren gewendet haben zu schien, ist Siennas Leben nach wie vor ein ganzes Stück davon entfernt, gut zu sein: Ihre Psychotherapiesitzungen haben zwar ein Ende gefunden, medikamentös scheint sie gut eingestellt zu sein – wenn sie ihre Arzneien nur regelmässig einnähme, was sie nur widerwillig tut, denn die Medikamente verhindern unter Anderem ihre Halluzinationen und zu oft sehnt sie sich doch danach, die Geister zu treffen, die sie unbehandelt so oft verfolgt haben.
Der Umgang mit ihrer Krankheit gestaltet sich für Sienna und somit auch zwangsläufig für ihr Umfeld sehr heikel; nach wie vor kann Sienna als depressiv und suizidal und von unberechenbaren Ausbrüchen beherrscht beschrieben werden.

Der Alkoholismus der Mutter, die gelobte, sich von der Sucht zu lösen, ist inzwischen offenbar worden, wobei nur Sienna aufgrund ihrer stetigen Schlaflosigkeit registriert hat, dass die Mutter regelmässig nachts rückfällig wird. Doch Siennas Verweise auf diese Tatsache sowie auf die dauerhafte, wiederholte Untreue der Mutter dem Vater gegenüber werden weiterhin von ihren Schwestern übergangen; Sienna wolle sich doch nur aufspielen und habe den krankhaften Drang, im Mittelpunkt stehen zu müssen.

In der Schule ist sie immer noch „die total Irre“ und nicht nur Bethany, ihre grösste Rivalin, ist sich sicher, dass Logan es ohnehin nicht allzu lange mit Sienna aushalten kann, zumal die Beiden immer noch keinen Sex miteinander hatten, wobei es durchaus auch die Stimmen gibt, dass Sienna „eine totale Schlampe sei, so bekloppt in der Birne, die würde es eh mit jedem und überall treiben“.
Die Gerüchteküche brodelt also immer noch.

Tatsächlich zweifeln aber sowohl Logan als auch Sienna an ihrer Beziehung; Logan hadert damit, tatsächlich von Sienna geschätzt zu werden, da ihn ihre teils sehr selbstzerstörerische Art tief verletzt und auch Sienna merkt, dass sie beide längst nicht so glücklich miteinander sind, wie es Frischverliebte nicht zuletzt in ihrem jungen Alter sein sollten.

Wird Siennas Krankheit sowie ihr familiäres und soziales Umfeld letztlich doch alles zerstören?

Der Titel gibt hier bereits im Vorfeld Aufschluss, was in diesem Band geschehen wird: „Beautiful Bedlam“ bedeutete noch schönes Chaos (okay, wie schön das alles abseits Siennas äusserer Erscheinung in jener Geschichte war, darüber lässt sich streiten), „Breaking Bedlam“ deutet bereits mehr als nur zaghaft auf ein ausbrechendes Durcheinander hin – wobei sich hier auch wieder darüber diskutieren liesse, ob es in „Beautiful Bedlam“ nicht bereits ganz schönen Tumult gab.

In meiner Rezension zu „Beautiful Bedlam“ habe ich ja bereits ausgesagt, dass besagter Roman durchaus als in sich geschlossen bezeichnet kann: Dort ist der Schluss ja doch eher ein wenig rührselig, romanzentypisch; „Breaking Bedlam“ scheint die Geschichte nun insbesondere für die Leser fortzuführen, die sich da letztlich gedacht hatten: „Echt jetzt? Friede, Freude, Eierkuchen und das war’s? Alle Probleme vergessen, alle Streitigkeiten vergeben, alle haben sich irgendwie doch noch oder wieder lieb, also zumindest so halbwegs?“
Denn in „Breaking Bedlam“ ist es bereits zu Anfang schon nicht mehr wirklich gut, die grossen Probleme, die am Ende von „Beautiful Bedlam“ irgendwie verschwammen, bestehen immer noch – der grösste Unterschied ist wohl, dass Siennas Situation in Bezug auf Krankheit und auch Familie inzwischen allgemein bekannt ist sowie dass Logan und sie nun eine offizielle Beziehung führen, die ja sich so ja erst zum Ende von „Beautiful Bedlam“ wirklich herauskristallisiert hatte.
Manches Mal heisst es ja, dass die meisten Liebesromane mit der Hochzeit enden würden, damit der Leser nicht desillusioniert feststellen muss, dass sich auch bei den literarischen und fiktiven, doch soooooo tollen, herzige und aussergewöhnlichen Paaren ebenso der Alltag einstellt wie wir ihn alle kennen: Auch wenn Sienna und Logan am Ende von „Beautiful Bedlam“ nicht geheiratet haben, beschäftigt sich „Breaking Bedlam“ nun eben mit dem so oft nicht weiter beschriebenen Beziehungsalltag nach dem vermeintlichen happy ending.

Ganz ehrlich: Die ganz, ganz grossen Romantiker sollten „Breaking Bedlam“ meines Erachtens nicht lesen, sondern sich auf die Lektüre von „Beautiful Bedlam“ beschränken.

Denn in „Breaking Bedlam“ bricht nicht nur Chaos aus, eigentlich bricht auch alles, was in „Beautiful Bedlam“ schon gekittet worden war, wieder auseinander: Mir persönlich hat es sehr gut gefallen, dass hier nun der eingekehrte Alltag beschrieben wurde, dass eben doch längst nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen war, nur weil Logan und Sienna am Ende des Auftaktbands quasi optimistisch händchenhaltend in den Sonnenuntergang geritten waren.
Ich fand es auch sehr schön, dass und wie hier beschrieben wurde, dass es Logan eben auch alles andere als leicht fiel, eine Beziehung mit der psychisch schwerkranken Sienna zu führen; das war authentisch und absolut glaubwürdig, denn das Zusammensein mit einem chronisch und unheilbar kranken Partner ist ja halt nun wirklich nicht immer „ach, das macht mir rein gaaaaaaaaaar nichts aus; ich kriege davon eigentlich gar nix mit!“.

„Breaking Bedlam“ war nun weitgehend eher „unhappy“, aber aufgrund der beschriebenen Echtheit mochte ich grade das doch auch ganz gerne.

Im Falle von „Beautiful Bedlam“ hatte ich ja gemeckert, dass die Erzählstimme zwar sehr auf Sienna fokussiert war, aber immer wieder auch eben in die diversesten Nebenfiguren eintauchte: In „Breaking Bedlam“ ist die Konzentration auf die Figur der Sienna nochmals  klar erhöht, was bedeutet, dass hier zu meiner Freude nicht ständig Einblick in die Gefühls-/Gedankenwelt prinzipiell gar nicht so wichtiger Charaktere geboten wurde. 
via memegenerator.net
Was mich genervt hat: Bei „Beautiful Bedlam“ war mir, obschon ich es in der Rezension nicht weiter erwähnt hatte, bereits aufgefallen, dass es doch einige Flüchtigkeitsfehler war und ja, was dem Deutschsprachigen heutzutage sein Genitiv killender Dativ ist, das ist im englischsprachigen Raum wohl die mehr und mehr mangelnde Differenzierung insbesondere zwischen „your“ und „you’re“ – bereits in „Beautiful Bedlam“ zeigte sich, dass Ali Harper hier wohl auch zu den Leuten gehört, die das gerne mal verwechseln, vermischen, wie auch immer. Als ich den ersten Teil las, fand ich das ärgerlich, konnte irgendwie aber noch darüber hinwegsehen, zumal es dort auch nicht ständig, aber eben wiederholt, vorkam.
Als ich „Breaking Bedlam“ las, hatte ich allerdings das Gefühl, ständig über falsche „your“s und „you’re“s zu stolpern, dass es nicht eine einzige Seite auf dem Kindle gäbe, die ich nach dem Lesen wegwischen könnte, ohne über einen solchen Grammatikunfall zu stolpern. Diesmal fand ich das nicht mehr ärgerlich, sondern schon nervig.
Zudem ist „Breaking Bedlam“ wie auch „Beautiful Bedlam“ nach wie vor zwar auch innert der Kindle Leihbibliothek erhältlich; entsprechende Abonnenten können die Romane also auch ohne weitere Zusatzkosten lesen; kostet regulär derzeit aber mit 2,99€ klar mehr als das für 1,02€ erhältliche „Beautiful Bedlam“. Theoretisch wären knapp 3€ zwar für beide Bände, rein von Umfang und Geschichte her, absolut angemessen und klar ist es häufig so, dass Serienauftakte sozusagen als „Lockmittel“ günstiger angeboten werden, aber ich will dann entweder gleich zwei ordentlich korrigierte Exemplare erhalten oder erwarte ansonsten, dass der teurere Band wenigstens weniger Fehler beinhaltet als der deutlich günstigere Teil. Da bin ich auch ganz ehrlich: Aufgrund der sprachformellen Qualität, an der es ein wenig mangelt, würde ich auch keine 2,99€ in den Kauf von „Breaking Bedlam“ investieren wollen; gut, ich habe ohnehin beide Romane im Rahmen einer Gratisaktion im letzten Sommer völlig für lau bezogen, aber tatsächlich würde ich zumindest „Breaking Bedlam“ ansonsten derzeit nur innerhalb von Kindle Unlimited anschaffen.

Am Schluss von „Breaking Bedlam“ gibt es zwar zumindest eine Frage, die offen bleibt, aber theoretisch könnte man diese auch einfach vergessen und das Ende einmal mehr als in sich geschlossen, und auch als Serienabschluss, betrachten, der nun eher etwas für die dramatischeren Realisten unter den Lesern wäre, während das „Beautiful Bedlam“-Ende eben eher etwas für die verklärteren Romantiker war, um es mal ganz provokant zu beschreiben.
Das Ende scheint zwar semioffen, aber ein mögliches endgültiges Ende der kompletten Handlung lässt sich hier problemlos herauslesen; es ist also eher so eindritteloffen, wenn überhaupt.

An dieser Stelle wird es aber ganz verrückt: Hinter „Breaking Bedlam“ findet sich eine Leseprobe, die den Einfang eines weiteren Folgebands, namens „Broken Wings“, wiedergibt.
„Broken Wings“ findet sich bei Amazon auch (und zwar ausschliesslich, ein entsprechendes eBook habe ich bislang nicht auftun können) als Taschenbuch wieder, welches laut dem „Blick ins Buch“ aber absolut identisch mit dem eBook „Breaking Bedlam“ ist: Zumindest der Anfang ist gleich. Die Druckausgabe, die bei „Breaking Bedlam“ dargestellt ist, setzt dem „Blick ins Buch“ zufolge skurrilerweise aber mitten im offiziell gar nicht gedruckt erhältlichen „Beautiful Bedlam“ ein!? Also alles ganz, ganz merkwürdig, weswegen ich am Abschluss dieser Rezension auch darauf verzichte, das Taschenbuch, welches unter „Breaking Bedlam“ gelistet ist, zu verlinken, denn da stimmt irgendetwas absolut nicht – und ich habe keine Ahnung, ob es von „Broken Wings“ überhaupt irgendwo (schon?) und ganz offiziell mehr als die im „Breaking Bedlam“-eBook enthaltene Leseprobe gibt.
Werde ich „Broken Wings“ irgendwann mal tatsächlich irgendwo auftun können, werde ich es bestimmt auch noch lesen, denn ich mag diese Geschichte ja durchaus, aber bis dahin betrachte ich Ali Harpers „Beautiful Bedlam“ und ihr „Breaking Bedlam“ einfach als Dilogie, die ich lediglich als eBook weiterempfehlen möchte, weil da irgendetwas mit den Druckausgaben wohl klar verquer gelaufen ist … aber ob ihr sie trotz der beschriebenen Fehlerquote tatsächlich vollerwerben oder lieber doch nur leihen möchtet, müsst ihr selbst entscheiden.

Insgesamt gefiel mir „Beautiful Bedlam“ aber doch noch ein wenig besser und theoretisch muss man „Breaking Bedlam“ auch nicht unbedingt lesen, erst recht nicht, wenn man mit dem Wnde von „Beautiful Bedlam“ schon vollauf zufrieden war.
Mich hat „Breaking Bedlam“ von der Geschichte her nun auch nicht enttäuscht, aber ich fand die Dynamik zwischen den Charakteren in „Beautiful Bedlam“, als Siennas Krankheit noch nicht diagnostiziert und bekannt geworden war, doch irgendwie klar ausgeprägter (nur deswegen fand ich selbst den ersten Teil nu zugegeben auch fesselnder); „Breaking Bedlam“ war da eben doch mehr Alltag geworden. Nichtsdestotrotz zu empfehlen!
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Ali Harper: „Breaking Bedlam“ – eine authentische, nüchterne Fortsetzung von „Beautiful Bedlam“, in der nicht himmelhoch gejauchzt wurde und die mich durch ihren endgültigen Mangel an Kitsch überzeugte.
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„Breaking Bedlam“ von Ali Harper, veröffentlicht am 
Amazon: Kindle eBook (2,99)* [aktuell auch gratis via KindleUnlimited lesbar]

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