Montag, 2. November 2015

Susan Hill: "The Small Hand"

Adam Snow, alleinstehend, wohnhaft in London, bestreitet seinen Lebensunterhalt als Händler bzw. „Verkaufsagent“ antiquarischer Bücher: Als er von einem schwerreichen Sammlerehepaar, gleichzeitig treue Kunden von ihm, heimkehrt, verfährt er sich und fühlt sich wie von Zauberhand von einem riesigen, verfallenen Anwesen angezogen.
Vor jenem stehend spürt er, wie sich eine kleine kalte Hand in seine schiebt, doch da ist niemand ausser ihm.
Von diesem Zeitpunkt an fühlt er sich von einer unsichtbaren Kraft begleitet, die ihn vornehmlich zu Wasserflächen drängt und ihn offenbar dazu bewegen will, sich etwas anzutun.

Bald überlegt er einerseits, ob er einem erblichen Wahn verfällt, denn auch sein inzwischen allerdings längst als geheilt geltender älterer Bruder Hugo musste sich während seiner Jugend einer psychiatrischen Behandlung unterziehen, und versucht andererseits ein wenig den Hintergrund des „White House“ zu erforschen, da er die dort gespürte Hand als Auslöser seiner Bedrängnis  zu identifizieren können meint.

Gibt es tatsächlich ein verbindendes Element zwischen dem Haus, der geisterhaften Hand sowie seinen bedrückten Empfindungen und ihm?

Susan Hill: "The Small Hand"


„The Small Hand“ war nun nach „The Woman in Black“ mein zweiter je gelesener Roman aus der Feder Susan Hills. Ein bisschen was davon habe ich ja schon in meinem Beitrag zu Alex‘ Halloween Lesenacht erzählt: „The Woman in Black“ fand ich gar nicht überzeugend, wenn ich nach dem Lesen von „The Small Hand“ allerdings einräumen muss, dass in „The Woman in Black“ die Atmosphäre rund um das Spukhaus doch sehr dichter und eindrücklicher gewebt war.
„White House“ war hingegen in erster Linie ein völlig verfallenes Haus mit einem riesigen, parkähnlichen und längst wieder von der Natur beherrschtem, also entsprechend verwildertem Garten. Dabei blieb bis zuletzt eher unklar, ob es tatsächlich so verlassen wie behauptet war oder ob nicht doch jemand (Lebendiges *lol*) sehr eigenbrötlerisch und völlig zurückgezogen, gänzlich unbemerkt von der Aussenwelt, dort lebte.
Tja, „White House“ war eben eines dieser Anwesen, welche insbesondere urban explorer reizen dürften, aber ich fand es nicht gruselig und auch, wenn Adam, hier als Ich-Erzähler auftretend, klar gespürt hatte, wie seine Hand unsichtbar ergriffen worden war, zeigte sich hier keine Angst, sondern eher Verwunderung und eben Interesse ob der Historie des vor ihm liegenden Anwesens. Bei mir kam zumindest nicht an, dass er sich gefürchtet oder auch nur erschrocken hätte, so dass man die unsichtbare Hand auch einfach nur als „Einbildung“ hätte abtun können.

Zudem neigt Adam, der zunächst beruflich sehr viel international unterwegs ist, ehe er später wieder gen „White House“ aufbricht, fortan zu Ohnmachtsanfällen und fühlt sich eben innerlich bedrängt, was er mit der zuvor gespürten Hand in Verbindung bringt, doch dass er quasi von einem personengebundenen Spuk begleitet wird, wird auch nur indirekt übermittelt.
Irgendwann sieht er zum Beispiel zwar ein sich im Wasser spiegelndes Gesicht (nein, nicht seins und ja, wieder ist er zu jenem Zeitpunkt der einzige Anwesende), aber insgesamt klang das alles für mich weniger nach einer Spukgeschichte als vielmehr nach einem Psychodrama, in welcher Stress oder Ähnliches als Auslöser von Wahnvorstellungen fungiert.

Dieser Eindruck verstärkte sich, als Adam letztlich seinen Bruder Hugo einweihte: Ab diesem Zeitpunkt wurde die Geschichte ein wenig dramatischer, was angesichts ihrer vorherigen Ruhe nun noch nicht allzu auffällig ist, aber nun wird deutlich, dass tatsächlich eine Bindung zu „White House“ bestehen und es sein könnte, dass hier einfach verdrängte Kindheitserinnerungen sich manifestieren.
Das trägt allerdings nicht weniger dazu bei, dass „The Small Hand“ eher als Psychodrama verstanden werden kann.

Insgesamt fand ich „The Small Hand“ zwar klar besser als „The Woman in Black“, was für mich eine verworrene, undurchsichtige Spukgeschichte geblieben ist, aber der hier doch sehr stark fokussierte reale Faktor und die zweifelsohne vorhandene Authenzität, die auch Skeptiker logische und natürliche Erklärungsansätze erkennen lässt, lässt mich hier kaum eine übernatürliche Geistergeschichte erkennen!
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Susan Hill: „The Small Hand“ – dann doch eher eine Erzählung für die Psychologieinteressierten als für Fans des grossen Gruselns!
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"The Small Hand" von Susan Hill, veröffentlicht am 07.07.2011
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